Wege der Ganzwerdung

Angriff auf unsere Wasserrechte

Vor fast genau einem Jahr, am 11. Januar 2012 habe ich in meinem Newsletter Nr. 54 im Artikel Nr. 11 „Yes we do!“ unter anderem über die Privatisierung von Wasser geschrieben (nachzulesen auf Seite 23 dieser PDF: http://www.michael-gienger.de/file_download/100). „Privatisierung“ bedeutet hier, daß die Rechte an der Gewinnung, Aufbereitung und der Versorgung mit Trinkwasser von den Städten und Kommunen (also von UNS, den Bürgern) an Konzerne übergehen, die fortan mit Wasser spekulieren und Gewinne erwirtschaften dürfen.

Das hat beträchtliche Auswirkungen. Zum einen finanzielle, denn so lange die Wasserwerke in öffentlicher Hand sind, muß nach dem „Kostendeckungsprinzip“ gewirtschaftet werden: Das Wasser wird zu dem Preis verkauft, mit dem die Kosten für Leitungen, Aufbereitung und Speicherung gedeckt werden. Das wird anders, wenn Konzerne die Wasserrechte bekommen, denn dann geht es um „Gewinnmaximierung“, d.h. um Spekulation, um die Verteilung von Erträgen an Aktionäre. Allein in Europa können so dreistellige Milliardengewinne erzielt werden. Natürlich auf Kosten der Verbraucher: Wie bereits durchgeführte „Privatisierungen“ in den letzten Jahrzehnten zeigen, stiegen die Wasserpreise entgegen den vorangegangenen Versprechungen schon mal ums Vierfache und mehr. Irgendwoher müssen die Gewinne ja stammen…

Zum anderen ist aber überall, wo privatisiert wurde, auch die Wasserqualität gesunken. Denn die Instandhaltung der Wasserwerke und Wasserleitungen kostet eine Menge Geld und senkt den Gewinn. Das gefällt den Spekulanten und Aktionären gar nicht. Daher wird hier gespart, was geht – und wenn das Wasser dank schlecht gewarteter Wasserwerke und maroder Leitungen anfängt, zu verkeimen, dann wird halt Chlor zugesetzt. Ist immer noch billiger, als wirklich gutes Wasser zu liefern. Und wird es noch schlechter, müssen die Menschen halt Trinkwasser in Flaschen kaufen (natürlich von denselben Konzernen) – so geschieht es aktuell in Portugal. Sind die Leitungen dann endgültig verrottet, so daß ein Viertel des Wassers einfach versickert, wie z.B. in England, dann wird endlich saniert. Natürlich mit Steuergeldern, denn die „armen“ Wassergesellschaften haben kein Geld mehr dafür und müssen dann „gerettet“ werden.

Seit über 30 Jahren verfolge ich die „Wasserwirtschaft“ aufmerksam (1982 erschien mein erster Zeitschriftenartikel zur Wasserqualität) und es packt mich inzwischen immer häufiger der heilige Zorn, wenn ich sehe, was da vor sich geht. Wasser wurde von den Vereinten Nationen zum Menschenrecht erklärt. Wußten Sie, daß 17 europäische Staaten NICHT dafür gestimmt haben?

http://www.bpb.de/internationales/weltweit/menschenrechte/38745/menschenrecht-wasser

Wenn Sie wissen wollen, was in der weltweiten „Wasserwirtschaft“ wirklich vor sich geht, dann nehmen Sie sich bitte 90 Minuten Zeit für den Film „Water Makes Money – Wie private Konzerne aus Wasser Geld machen“. Hier bei YouTube:

https://www.youtube.com/watch?v=dLaVwYjfejw

Übrigens, der Wasserkonzern Veolia will den Vertrieb dieses Films unterbinden bzw. einschränken. Am 14. Februar 2013 beginnt in Paris der Prozess des Konzerns gegen die Filmemacher. Mehr dazu gibt’s hier:

Der Film aus dem Jahr 2010 gewinnt nun 2013 eine neue, verschärfte Aktualität, da die EU-Kommission gemeinsam mit den Wasser-Spekulanten die Wasserprivatisierung in der gesamten EU vorantreibt. Wie schon beim klammheimlichen Verbot der Naturheilmittel (EU-Richtlinie THMPD, nachzulesen hier) soll auch dieser Coup über die „Hintertür“ erfolgen: Die Vergabe von Wasserrechten (wenn eine Lizenz abgelaufen ist) soll zukünftig über europaweite Ausschreibungen erfolgen, die schon mal € 30.000,- kosten, wie die Stuttgarter Zeitung schreibt (siehe den folgenden Link). Diese Kosten müssen wieder hereinkommen, was die finanziellen Angebote der Konzerne (die nun mitbieten dürfen) umso attraktiver macht. Da wird wohl mancher Gemeinderat schwach werden, so das Kalkül der Europapolitiker und Konzernbosse.

Hier der Link zum Zeitungsartikel der Stuttgarter Zeitung: https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.eu-gesetz-das-wird-schlimmer-als-bei-der-gluehbirne.2df13b22-4b5a-4ae8-9ab3-d48d2cdd324f.html

Es wird also nicht „verordnet“, daß die Kommunen und Städte ihre Wasserrechte privatisieren müssen, aber es werden neue Strukturen geschaffen, die es den Konzernen ermöglichen, überall zur Stelle zu sein, wo Wasserrechte vergeben werden. Zur Stelle zu sein und mitzubieten. Was manchem leeren Stadtsäckel einen einmaligen Zuschuß verschafft, um es anschließend erst recht „trockenzulegen“. Wie gesagt, da wird so mancher Gemeinderat schwach werden…

Anderswo sind EU und Konzerne weniger zimperlich. Die finanziell schwächelnden Länder in Südeuropa werden von der Troika regelrecht zum Abtreten ihrer Wasserrechte erpreßt. Nur wenn sie ihre großen Wasserwerke „privatisieren“ (also zu Schleuderpreisen an Konzerne verhökern), gibt’s neue Staatsanleihen, mit denen dann die Zinsen und Schulden bei Banken und Spekulanten bezahlt werden können (die Bevölkerung sieht von diesem Geld nichts). Diese Länder werden im Moment nicht nur ausgeraubt und ausgeplündert, sie werden regelrecht ausgeschlachtet. Da muß einem doch der heilige Zorn hochkommen!

Und das ist noch Europa. Was in anderen Kontinenten in Sachen „Wasserrechte“ vor sich geht, zeigt das Beispiel Bolivien. Da sollte sogar der Regen „privatisiert“ werden:

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Bei den finanziell (noch) besser dastehenden Staaten sind solche groben Vorgehensweisen (noch) nicht möglich, daher wird wieder die Salami-Taktik eingesetzt: Hier eine kleine Verordnung, dort eine neue Richtlinie, da eine kleine Regelung – und den Konzernen wird der rote Teppich zur Übernahme der Wasserrechte ausgerollt. Glücklicherweise hat die Sendung „Monitor“ des WDR diese Machenschaften am 13.12.2012 ans Licht gebracht. – Sehen Sie selbst im folgenden Film. Der Beitrag beginnt bei 19 Minuten 30 Sekunden und dauert ca. 8 Minuten:

Was können wir tun? – Mehreres:

Unterschreiben!

Zum einen gibt es aktuell eine Unterschriftenaktion, um die EU zu einem besseren Kurs in Sachen Wasserwirtschaft zu bewegen. Wenn bis September 2013 mindestens eine Million EU-BürgerInnen aus mindestens 7 der 27 Mitgliedstaaten für dieses Europäische Bürgerbegehren mobilisiert werden können, MUSS sich die Europäische Kommission mit dem Anliegen des Bürgerbegehrens befassen.

Sehr gute Informationen zu diesem Bürgerbegehren bietet ATTAC:
https://www.attac-netzwerk.de/ag-de-privatisierung/ebi-wasser-2012-2013/

Und hier der direkte Link zum Unterschreiben:

Das Unterzeichnen dauert nur ein paar Minuten, wenn man/frau sich alles genau durchliest. Ein paar Minuten, die sich lohnen, finde ich. Ich habe gestern unterzeichnet.

Unterschriftenlisten, Informationen und weitere Materialien zur Unterstützung und Verbreitung dieses Bürgerbegehrens gibt es hier:

Aufpassen!

Neben der Unterschrift ist wichtig, daß wir achtsam bleiben! Diese „Übernahme der Wasserrechte durch die Konzerne“ ist ein schleichender Prozeß. Immer mal wieder wird die eine oder andere Stadt und Gemeinde „umfallen“, wenn wir Bürger nicht aufpassen, sobald das Thema „Wasserrechte“ bzw. „Wasserversorgung“ in unserer Gegend auf der Agenda steht. Daher ein Auge auf die Lokalpolitik halten und bei Bedarf gemeinsam mit anderen aktiv werden.

Politiker sensibilisieren

Wir alle wissen, daß die meisten Politiker die Gesetze und Verordnungen, über die sie abstimmen, weder gelesen, noch verstanden haben. Das beginnt im Gemeinderat und geht hinauf bis ins Europaparlament (ich wage sogar zu behaupten, daß diese Tendenz zunimmt, je weiter es „hinauf“ geht). Daher ist es gut, Politiker zu sensibilisieren, indem sie immer wieder (steter Tropfen höhlt den Stein) auf das Thema „Wasser“ angesprochen und um eine Stellungnahme gebeten werden. Auch diese Stellungnahmen stammen leider oft nicht aus dem Gehirn des angesprochenen Politikers, sondern aus einer „Vorlage“ der Partei. Das ist ganz einfach daran festzustellen, daß sich die Antworten verschiedener Politiker wortwörtlich gleichen (so mußte es eine Leserin meiner Newsletter erfahren, als sie Politiker der GRÜNEN wegen dem Verbot vieler Naturheilmittel angeschrieben hat). In diesem Fall sofort nachhaken und darauf hinweisen, daß man/frau eine PERSÖNLICHE Stellungnahme wünscht und die allgemeinen Plattitüden der Partei schon kennt. Gerade das Thema „Wasser“ ist so sensibel (82% der Deutschen sind gegen diese Privatisierungen), daß ein solches Nachhaken manchen Politiker zum Denken anregen wird.

Die Bundestagsabgeordneten Ihres Wahlkreises finden Sie hier:

Bürgerinitiativen unterstützen

Es gibt viele regionale Bürgerinitiativen, die sich für den Erhalt der kommunalen Wasserversorgung und gutes Trinkwasser einsetzen, wie z.B. das Stuttgarter Wasserforum ), der Berliner Wassertisch (https://berliner-wassertisch.net/), die Wasserallianz München ) und viele mehr (dank Internet leicht zu finden). Schauen Sie nach Bürgerinitiativen in Ihrer Nähe und unterstützen Sie diese: Durch Mitwirken, Infos verteilen, Unterschriften sammeln, finanziell. Hier erhalten Sie außerdem aktuelle Informationen über die „Wasserpolitik“ in Ihrer Region.

Gutes Trinkwasser ist es wert, sich dafür zu engagieren! Im Moment ist es für uns in Deutschland, Österreich und der Schweiz noch eine Selbstverständlichkeit. Sorgen wir dafür, daß es so bleibt!!!

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  • Veröffentlicht in: Handel am 16. Januar 2013
Gienger Michael

Veröffentlicht von

Michael Gienger arbeitet als Autor, Herausgeber, Seminarleiter, Referent und Initiator von »Fair Trade Minerals«. Zahlreiche Publikationen im Bereich der Steinheilkunde. Michael Gienger beseelt ein Wunsch: Beizutragen zu einer lebenswerten Welt voller Glück und Erfüllung sowie zum Wohle aller Wesen!

2 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Lieber Frank Doerr,
    wir freuen uns über das Interesse am Wasser.
    Unsere Bürgerinitiative unterstützt die EBI natürlich aktiv! Wir müssen gemeinsam unbedingt die drohende Zwangsprivatisierung der europäischen Wasserversorgung verhindern!!!
    Die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe ist abschreckendes Beispiel genug! Das Bundeskartellamt hat z.B. einen Preismissbrauch von 20-30% nachgewiesen (und war dabei noch freundlich).
    undundund….. alle Nachteile aufzuzählen, würde den Eintrag überstrapazieren …

    In diesem Zusammenhang möchten wir auf unsere Veranstaltung mit der Urania hinweisen.

    „Am 30. Januar 2013 um 19:30 Uhr lädt der Berliner Wassertisch in die Urania ein, um mit allen interessierten Berliner_innen die Zusammenhänge von Privatisierung und Demokratie zu erörtern. Professor Dr. Siegfried Broß – ehemaliger Bundesverfassungsrichter – und Dr. Kurt Stockmann – ehemaliger Vizepräsident des Bundeskartellamtes – werden die Folgen der Privatisierungen der Daseinsvorsorge auf die in unserer Verfassung verankerten rechtsstaatlichen, sozialstaatlichen und demokratischen Prinzipien in zwei Vorträgen näher beleuchten. Anschließend diskutieren Heidi Kosche (Grüne), Dr. Klaus Lederer (Linke) und Gerwald Claus-Brunner (Piraten) mit dem Verfassungsjuristen über grundsätzliche Fragen, die Situation in Berlin und praktische Möglichkeiten zur Durchsetzung einer Rekommunalisierung der Berliner Wasserversorgung im Sinne der Berliner_innen. Die Moderation macht Prof. Dr. Martin Kutscha (HWR Berlin).“
    Mehr unter

    Berliner Wassertisch/Muskauer Straße
    c/o GRÜNE LIGA Berlin e.V.
    Prenzlauer Allee 8
    10405 Berlin

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